Haus Im Felsengrund
Das Ortmuseum befindet sich seit dem Jahr 1990 im «Haus Im Felsengrund» an der Oberdorfstrasse 14. Das von aussen eher unscheinbar wirkende Weinbauernhaus hat eine abwechslungsreiche Bau- und Besitzergeschichte, die bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgt werden kann. Das Haus ist im Inventar der Schutzobjekte von kommunaler Bedeutung der Gemeinde Zollikon verzeichnet.
Die Geschichte des Hauses beginnt im Jahr 1527/1528, als auf einem Molasse-Felskopf ein Holzhaus errichtet wird. Dieser felsige Untergrund gab ihm später seinen Namen «Im Felsengrund». Im Haus wurde anfänglich Reb- und Obstbau betrieben und es diente als Wohnhaus. Somit verweist das Haus auf die Geschichte Zollikons als Weinbauerndorf.
Das Doppelhaus entlang der Oberdorfstrasse zählt zu den ältesten Häusern im Siedlungskern des Oberdorfes. Dieser regional bedeutende historische Verkehrsweg zwischen dem Dorf Zollikon, der Allmend im Berg sowie der Schifflände im Gstad ist auf der Gygerkarte von 1620 erstmals dargestellt.
Eine erste grössere Veränderung erlebte das Haus im 17./18. Jahrhundert. Die Bohlenwände wurden durch Fachwerk ersetzt. In der Stube und im Korridor sind noch einzelne Bohlenwände erhalten geblieben. Der Kachelofen in der Stube datiert inschriftlich auf 1779.
Lokalgeschichtlich bedeutend ist der Besitzerwechsel des Gebäudes zur Familie Boscovits im Jahr 1917. Fritz Boscovits (1871–1965) war ein bekannter Maler und Karikaturist, der die Liegenschaft zeitlebens als Atelier- und Wohnhaus für sich und seine Familie nutzte. Er war es denn auch, der die Stube ausgestaltete. Diese wurde seither kaum verändert. Der Wandschrank mit den geschnitzten Jugendstil-Frauen, das Holzrelief und eine Hodlerbüste von Adolf Meyer sowie eigene Bilder aus verschiedenen Schaffensphasen zeugen davon, dass hier ein Künstler wohnte. Die Inschrift «Im Felsengrund» und das Familienwappen der ehemaligen Hausbesitzer Kienast vor dem Hauseingang stammen ebenfalls aus Boscovits’ Hand, wie auch der Wandfries im ehemaligen Schlafzimmer im ersten Obergeschoss.
In der Umgebung des Oberdorfs liessen sich noch weitere Künstlerinnen und Künstler nieder, darunter Adolf Meyer, Paul Bodmer, Heini Waser, Fanny Brügger und Emmy Fenner. Sie bildeten gemeinsam mit anderen Künstlern eine kleine Künstlerkolonie in Zollikon. Als Mitglied der Kulturkommission regte Fritz Boscovits an, Ausstellungen zugunsten der vielen einheimischen Künstlerinnen und Künstler zu veranstalten. Seit 1940 initiierte er Ausstellungen im Dorf.
Nach seinem Tod 1965 gelangte das Gebäude in den Besitz der Gemeinde Zollikon. Der Umzug des Ortsmuseums an die Oberdorfstrasse 14 erfolgte im Jahr 1990. Zuvor war das Ortsmuseum bei seiner Gründung im Jahr 1961 an der Alten Landstrasse 72 untergebracht. Der Umbau zum Ortsmuseum gestaltete der Zolliker Architekt Werner Blumer zwischen 1986 und 1989. Dabei baute er nicht nur das Innere des Gebäudes um, sondern erstellte auch einen neuen Anbau an der Ostfassade.
Literatur
Brigitte Moser, Bauforschung & Kunstgeschichte, Gutachten Haus Oberdorfstrasse 14, 02.08.2022
Alexander Nüesch und Heinrich Bruppacher. Das alte Zollikon. Kulturhistorisches Bild einer zürcherischen Landgemeinde von den ältesten Zeiten bis zur Neuzeit. Zürich 1899.
Thomas Schärli. Das Haus Im Felsengrund (Oberdorfstrasse 14). In: Zolliker Jahrheft 1988, S. 27–33.
Doris Zollikofer: «Fritz Boscovits». In: SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz, 2016 (erstmals publiziert 1998). https://recherche.sik-isea.ch/sik:person-4022995/in/sikart